Wie ich das Rasieren lernte

Der Hof meiner Großeltern lag im Allgäu. Windschief geworden, hatte er einige hundert Jahre lang seinen Bewohnern sein bergendes Dach gewährt und sie vor den Unbilden der Jahreszeiten beschützt. Das hatte er gebüßt mit Scharten und bleckenden Stellen, durch die das Flechtwerk blickte, auf das er mit Lehm gebaut worden war. Er hatte keinen Keller, sondern nur ein blindes Loch unter einer Luke. Über dieser führte eine knarzende Stiege in einem viel zu steilen Winkel mit eigensinnig bemessenen Stufen nach oben zu den Schlafkammern. Jeder Schritt hinauf – wie auch hinab – musste neu berechnet werden, da sich beim Bau des Hauses die Bauern wohl jedem bayerischen königlichen Standardmaß verweigert hatten. Ihre Art des Widerstands, der sich allerdings nicht auf den König, sondern all ihre Nachfahren auswirkte, die nächtens in völliger Finsternis bei Eiseskälte tastend den Weg hinab zum Abort finden mussten, der sich außerhalb des Gebäudes befand in einem hölzernen Verschlag, hinter einer rohen Holztüre, die nicht schloss und nur zugeklemmt werden konnte, über einem riesigen, quadratischen Loch zu einer gärend finstern Tiefe. Doch trat man sommers aus der Tür des Hofes, so reckten sich im Sonnenschein wie Kaninchen im Stroh die Alpen auf dem Horizont und spitzen ihre Ohren als Gipfel achtsam ins königlich bayerische Weißblau. Dort verbrachte ich die Sommer. Dort – so scheint es mir heute – verbrachte ich meine gesamte Kindheit und Jugend. Mein Vater, als Preuße nicht von dort stammend, war nur zähneknirschend im Kreis der allerkatholischsten Familie aufgenommen worden. Ein serviler Reflex allerdings, der den Bauern nicht nur gegenüber König, sondern vielmehr gegen den fernen preußischen Kaiser wohl immer noch als Schrecken in den Knochen steckte, verlangte ihnen ihm eine Art von unterwürfiger Verehrung ab. So zumal mein Vater Soldat und Offizier war und den schließlich vom Kaiser überkommenen Waffenrock trug, die Kragenspiegel verziert mit leuchtendem Orange und silbernen Schwingen auf Indigo. Es war mein Vater, der Fremde, der mich früh schon, da konnte ich noch nicht schreiben, auf jene Gipfel führte, die sich da aufreihten vor uns und deren Namen ich alle aufzählen konnte und statt des Vaterunsers in der Dorfkirche vor mich hinmurmelte. Ich durfte auf unseren gemeinsamen Gipfelstürmen, nur er und ich, das aufgerollte Seil quer über den Schultern tragen, leuchtend gelb und beruhigend blau geflochten, wie es war.

Das Haus hatte einen einzigen Wasserhahn, der in der Küche aus der Wand ragte und sein Messingmaul leckend über eine alte, verstoßene Wanne hielt. War die Wanne voll, musste man sie aus dem Haus tragen und das aufgefangene Wasser wurde mit Schwung auf den ungepflasterten Hof gekippt. Die Hühner stoben heran und pickten hektisch hackend im seifig trüben Wasser in der trügerischen Hoffnung doch eine Leckerei zu ergattern. Die Wanne durfte nicht zu voll werden, sonst konnte man sie nicht mehr allein auf den Hof tragen. Es hatte keinen Abfluss im Haus. Der Hahn war irgendwann einmal eingebaut worden, Messingrohre, mit Kalk übermalt, liefen auf der Wand zu irgendeinem Zufluss, der ein Wasser brachte, das zu drei gleichen Teilen aus Nass, Stein und Kälte bestand. Füllte man sich ein Glas damit – es waren immer leer gewordene Senfgläser, die im sogenannten Küchenkasten standen – so brauchte es einige Minuten, bis das trübe Weiß sich setzte. Jeder Topf in der Küche hatte auf seiner Innenseite eine dicke Schicht Kalks. In solch einem Topf wurde auch das Wasser erhitzt, das mein Vater brauchte, um sich zu rasieren. Er füllte eine Schüssel damit und trug sie zusammen mit seinem Rasierzeug hinaus vor die Haustüre und stellte alles auf der schrundigen Holzbank, die dort – im ganz anderen Winkel schief als der Hof – an der Wand stand unter einem der Fenster. Hinter diesen Fenstern saß meine Großmutter tags wie nachts an ihrer Nähmaschine, die von den krampfadrigen, ruhelosen Füßen meiner Großmutter angetrieben, pausenlos beruhigend satt in ihrem Öl tackerte. Draußen im Sommer stand mein Vater im Feinripträgerunterhemd, das die Luftwaffe ihm gegeben hatte, und seifte mit dem Rasierpinsel sein Kinn ein, das kleine, quadratische Fenster diente ihm als Spiegel. Auf dem grob gemaserten, pockennarbigen, weißen Holz der Bank standen: eine Schüssel mit eiskaltem Kalkwasser, die dampfende Schüssel mit dem heißen Wasser, ein steifes, trockenes kleines Handtuch, das Rasierwasser, ein Rasierpinsel, ein Tiegelchen mit der Rasierseife und ein silberner Rasierhobel. In diesen hatte mein Vater behutsam und mit großer Vorsicht frisch eine neue Klinge eingespannt. Der Rasierpinsel machte ein sattes, schmatzendes Geräusch, während er auf den Wangen, Kinn und dem Hals meines Vaters einen festen Schaum befriedigend mehrte. War das Kinn ausreichend eingeschäumt, nahm mein Vater den silbernen Hobel, setze ihn knapp über dem Wangenknochen an und zog ihn konzentriert über seine Haut. Zug um Zug, Spur für Spur legte er so sein Gesicht wieder frei, nur frischer, glatter, gespannter, blauer. Unter jedem Zug kam ein befriedigendes, knisterndes Geräusch hervor, das anzeigte, dass alles richtig und nach den Regeln der Kunst verlaufe. Nach jedem Zug wurde der Hobel im heißen Wasser ausgewaschen. Verbliebene weiße Schaumreste hinter den Ohren etwa wischte er mit dem trockenen Handtuch fort. Sodann beugte er sich über die Schüssel mit dem Eiswasser und nahm in seine großen Handschalen so viel Wasser wie möglich auf und hob es sich ins Gesicht um es immer wieder in großem Schwall dort zu verteilen und allen restlichen Schaum oder Blut fortzuwaschen. Er drehte sich zu mir, der ich mit baumelnden Beinchen auch auf der Bank in der Sonne saß und sagte: „Du musst immer mit dem Strich rasieren, nie dagegen und zum Schluss kaltes Wasser nehmen, so kalt wie möglich! Das verschließt die Poren, stillt die Blutungen der kleinen Schnitte und beruhigt die Haut.“ Sich aufrichtend nahm er das Handtuch und trocknete sein Gesicht. Zuletzt griff er nach dem Rasierwasser und drehte den goldenen, metallenen Schraubverschluss auf dem schlanken, hohen Glasgefäß auf, es machte dieses schabende, gleitende, großzügige Geräusch im Glasgewinde. Er kippte sich mit ein, zwei kräftigen Stößen einen Schwall Rasierwasser in die hohle Hand, verrieb es zwischen beiden Händen und rieb sich das frische Rasierwasser auf Kinn, Wangen und Hals. Er verzog ein wenig das Gesicht, es musste wohl etwas brennen, gleichzeitig stöhnte er genüsslich auf. Ein pfeffriger, frischer, heißer Duft strömte aus. Es roch nach Sommer, nach Vater, nach dem Kalk der Alpen, nach dem warmen Fell der Kaninchen, nach Kraft, nach dem Eis des Wassers nach dem Silber der Offizierssterne, nach einem Kondensstreifen im königlichen Weißblau.

Jahre später waren Ferien und wieder Sommer, als ich fand, der gesprossene Flaum auf meiner Oberlippe und Wangen und Kinn müsse fort. Ich trank zwar noch Malzkaffee und noch nicht den echten meiner Großmutter mit Kondensmilch, doch ich fand es sei nun an der Zeit: Ich bereitete in der Küche das heiße Wasser auf dem Herd, ich stellte mir alles hin auf die Bank, geliehen aus dem Bestand meines verstorbenen Großvaters: Rasierpinsel, Rasierhobel, Rasierseife, Tiegelchen, Klingen, jede einzeln eingepackt in ein Briefchen aus speckigem Papier, Rasierwasser. Meine Großmutter hatte mir die Utensilien herausgegeben, sie standen noch dort, wo sie wohl zu Lebzeiten meines Großvaters immer gestanden hatten in einem sogenannten Kasten hinter einem quietschenden, braunen Holztürchen. Zuletzt waren die Sachen verwendet worden, als mein Großvater von meiner Mutter nach seinem Sterben zum letzten Mal rasiert worden war, damit er eine schöne Leiche sei. Jetzt nahm ich die Sachen; Der Rasierpinsel hatte noch die Steifheit, die ein Rasierpinsel hat, wenn man ihn auswäscht und dann trocknen lässt. Ich rieb den Haaren die Steifheit aus, sofort wurden sie wieder dachsweich. So stand ich im Sommer vor der Holzbank im Staub des ungepflasterten Hofes, vor einem der Fenster. Die Hühner gackerten um mich her, die Katze strich mir mit ihrem sonnenheißen Pelz um die Beine. Vor mir dampfte das heiße Kalkwasser in der Schüssel. Im Tiegelchen rührte ich die Seife zu Schaum und verteilte ihn auf meinen Wangen, auf meinem Kinn, auf meinem Hals. Ich holte eine frische Klinge aus ihrem Briefchen, obwohl sicherlich schon viele Jahrzehnte alt blinkte sie noch immer gleißend und scharf. Ich spannte sie behutsam und vorsichtig in den silbernen Rasierhobel. Ich setzte etwas über dem Wangenknochen an und zog den Hobel über meine Haut: Es knisterte leicht – nicht so satt und breit wie bei meinem Vater seinerzeit, doch befriedigend genug. Zug um Zug folgte ich den Regeln der Kunst. Ich beugte mich übers Eiswasser, nahm auf davon, was ich nur konnte mit meinen viel kleineren Händen, als sie mein Vater gehabt hatte. Das eiskalte Wasser erfrischte mich aufs Herrlichste. So herrlich konnte nichts andres sein, da waren sich ferner, finster Kaiser und verträumter, lohengrinender König einig, und sie ließen einmal das Zanken sein. Ich richtete mich auf und blickte ins spiegelnde, blasige Glas des Fensters. Dahinter schwebten die Augen meiner Großmutter, die von ihrem „Gnäh“ aufgeblickt hatte. Ich sah mein Spiegelbild mit glattem Kinn, flaumlos ermannt. Ich sah sich spiegelnd die sich in den Sommer reckende Kette der Kaninchenberge hinter mir. So schaue ich heute noch in den Spiegel, wenn ich mich rasiere und sehe die aufblickenden Augen meiner Großmutter schwimmen und hinter mir die erstürmten Gipfel und murmle ihre Namen: „Säuling, Aggenstein, Rote Flüh, Gehrenspitze, Kellenspitze, Gimpel.“

Il dodecalogo delle erbe magiche draghiche

oppure col suo nome in estenso: il catalogo delle erbe magiche dei draghi, dragoni, draghetti, dragonacci, anche dragonini, qualche volta anche dei dragonucci (con qualche poche esclusioni) – corto: DODECATAERMADRA, il catalogo delle dodici erbe magiche draghiche contiene dodici numeri, come già dice il suo nome. E non è tragico, ma dragico, e che cosa vuole dire questo saprete fra poco! Il DODECATAERMADRA si trova nella biblio- e triblioteca celeste e terreste alla piazza di Avalone e Lavaleone, che contiene tutti i libri importanti della magia, dei sogni, dei desideri, delle paure, dell’amore, della arroganza, corto: del campo del cosiddetto “incedibile” – che non fa nessun senso, perché sono tutto cose che si solo può credere ma non sapere. Però non sono i numeri, che sono magici, neanche è magico il contento dei numeri, nemmeno sono magiche le erbe se stesse, di cui parla il contento del catalogo. Dire “le erbe magici” è solo un modo di dire, perché non sono magici le erbe se stesse, no, ognun’ erbe ha und EFFETTO magico, e quello viene descritto nel catalogo delle – cosiddette – erbe magiche:

I Primo numero delle dodici erbe magiche draghiche:
La Lavanda: Il suo odore da una profondissima calma in ogni situazione. Si dicono che servasse solo per battere contro gli animali che ci mangiano i nostri vestiti di lana oppure per il [parˈfŒ̃ː] delle nonne, ma non è giusto. Serve anche contro gli animali che mangiano l’anima, rubando la calma e la tenerezza. Come usare La Lavanda? Semplice! Come già dice il nome: LAVAtevi con lei! Saltate in un campo di lavanda in fiore e crogiolatevi!

II Secondo numero delle dodici erbe magiche draghiche:
La Mirte della morte: Il suo elisir, estratto solo dai fogli di una mirte, preso da und albero non più alto di un chilometro (questo è una condizione facilissimo da mantenere), in un mese senza R, SOLO la notte dopo aver guardato la sua serie preferita di FLATNIX ancora troppo lunga, se si solo avesse spento il veletisore prima – come sempre. Il suo così estratto elisir, solo cinque gocce in un bicchiere d’acqua fredda, il mir-tè, aiuta alla gola brucente, una malattia molto frequente, logicamente, tra i draghi.

III Terzo numero delle dodici erbe magiche draghiche:
La Consolida. Ma date, ragazzi, cosa devo dire di più di un erbe con questo nome?! – CONSOLATEvi tutti allora col balsamo di questa pianta tenerissima, estratto dalle sue radici finfinfinissimi. Raccolti solo la notte PRIMA mezzanotte, solo sotto luna crescente. Regola facile: la luna crescente fa un ci, la lettera C, almeno nei paesi del nord. Se siete al sud siete sfortunati. Dovete feletonare oppure vattsebbare oppure skeipare qualcuno al nord, se riuscite disturbarlo ad ammirare la splendidissima luna crescente del nord, una cosa che fa la gente del nord sempre per ogni intero mezzo mese.

IV Quarto numero delle dodici erbe magiche dei draghiche:
La Eufrasia. Il suo estratto di sangue trasparente, un goccio solo in ogni occhio PRIMA di svegliarsi ed aprire gli occhi ancora stanchi, dà la chiaroveggenza anche nel buio del dubbio.

V Quinto numero delle dodici erbe magiche draghiche:
Il Poema. Se ne fa una infusione con solo una singola foglia con acqua bollebollente con già grandi bolli (come già dice la parola BOLLire!). Prendete SOLO UNA foglia! Lo ripeto, solo una foglia! Ci sono stati ragazzi che si ingoiassero un intero libro, e sono morti di nostalgia dopo un lungo periodo di passione!

Ma a che cosa serve il poema, volete chiedere adesso, giusto? Ma siete impazziti di chiedere cose così ovvie?! : Le poema non servono a niente perché:

Primo O! perché il poema non serve a niente: Il niente e la minaccia la più pericolosa del mondo perché distrugge tutto! Già la gente dell’età di pietra (anche delle pietre le più preziose come i diamanti, i rubini, gli zaffiri ed i smeraldi) si riunissero nelle sue grotte attorno al fuoco per bandire il grande niente scuro della notte di fuori e non lasciarlo entrare nelle sue cuori e declamassero delle storie – in questi tempi tutti fatti in forma di verso, di poema, per due cause:

Prima causa per il verso poetico: Il verso poetico è in grado di “versare” – trasformare – il male al buono con la forza magica che contengono le formule di magia, che sono tutti fatti in versi!

Seconda causa per il verso poetico: Il verso poetico è in grado di “versare” – trasformare – l’effimero al permanente, al persistente. La poesia ha la potenza di rendere le cose stabili, non svenivano più, se li richiama con la voce, se li proVOCA con un poema. Con un poema una qualsiasi cosa si può lasciare emanare, già nel mezzo del niente, già DAL mezzo del niente. Si deve solamente alzare la voce e declamare le parole di un poema, e si è già protetto dal niente ognivore. E si se lo fa ripetutamente si usa la forza della magia della memoria! I versi sono memorabili più facili. Questo si chiama tra-dizione … si TRA-dice, si TRA-sporta le verità, le virtù, l’amore, le cose preziose TRA l’uno all’altro, TRA il tempo, dal passato TRA il presente (del poema declamato ad alta voce) al futuro.

Secondo O! perché il poema non serve a niente: Il poema non serve a niente, perché non è servitore, non serve a niente e a nessuno, è maestro!

VI Sessosto numero delle dodici erbe magiche draghiche:
L’Aglio. Ci sono persone che dicono, di non mangiare aglio prima del tuo primo rendez-vous con la tua ragazza o il tuo ragazzo ammirato. Ma non è giusto! Mangiate dell’aglio prima il vostro rendez-vous intenzionalmente! Solo se il vostro amato vi ama realmente vi vuole baciare nonostante! E ancora di più: vi deve ingoiare per causa di vostro gusto d’aglio!

Ci sono anche persone che dicono mangiare l’aglio vi proteggesse contro i sanguivori. Non è giusto! Questo è una invenzione del ministero di agricoltura Transsilvana, per aiutare la economia agliesca e insieme con questo per aiutare la popolazione saguivore transsilvane: L’aglio da un gusto raffinato al sangue. Così è una sorte di “preparazione al vivo” di dare al “vittimo” dell’aglio. Ma non è un vittimo nel proprio senso della parola, perché non muore la persona munta. E anche che la persona munta diventasse sanguivore sé stessa dopo la procedura non è guisto. Questo è una bugia! Ma su di questo si paragoni il numero dieci di questo catalogo. Comunque si deve dire, che il sanguivorismo è una sorte di nutrizione molto sostenibile: i bovini non vengono uccisi e si mantengono in ottima salute nutrendoli con l’aglio!

VII Smettessimo numero delle dodici erbe magiche draghiche:
I baci dei draghi. Ma ragazzi, attenzione! Usare questa erba magica è tanto pericoloso! I draghi si baciano solo in volo. Ma siccome non possono usare le sue ali baciandosi, sono troppo grandi, devono smettere di battere gli ali. Quindi cadono mentre si baciano. Cadono e cadono, e quando si amano veramente e profondamente dimenticano die riprendere il battere i suoi ali e … intrecciandosi ed uniti nei suoi baci si frantumano.

VIII Ottimo numero delle dodici erbe magiche draghiche:
Il Con-tè. Ma ragazzi, cosa devo dire? Questo è un classico, non ci vogliono più parole! Il “sono con-tè” è già da sempre il tè il più efficace contro i terribili effetti della solitudine. Ma anche la Con-te-ssa è una buona cura per essere soli.

IX novesimo (moderno: nono) numero delle dodici erbe magiche dei draghi:
Non c’è. Niente è nuovo, tutto sta già là!

X Decimo numero delle dodici erbe magiche draghiche:
Bugie.  No! – Dite di no? – Dite che la bugia non fosse un’erba magica? – Ma date! E un’erba magica molto potente! La bugia ha la forza magica di far credere delle cose, che non sono giuste o che non esistono: come dio, l’amore, il senso della vita e che Elvis Presley fosse morto! Ma sono immaginabili attraverso la forza della bugia. La santa chiesa è una grande amministrazione di bugie splendide che hanno creato tutto un mondo reale pieno di speranza, forza, fede, virtù e senso! – Come usare quest’erba? – Per una bugia ci vogliono semplicemente un riso incantante ed un occhiolino. 😉

XI Undicesimo numero delle dodici erbe magiche draghiche:
Il mè. Quando si parla del te si deve anche parlare del me. Fate lo stesso con il me come con il te. Oppure come il grande Hippie e Filotrovassero G-Su ha detto: “Trattatevi voi stessi con il stesso amore come vostri vicini (anche se fatevi la sega)!”

XII Dodicesimo numero delle dodici erbe magiche draghiche:
Il Fiore dei Sezalibrì. – Vabbè ragazzi, ognuno conosce il Fiore dei Colibrì. Ed ognuno dice: “Ma che carino, che bello, ma guarda, quei uccellini piccolissimi, che fanno loro tenero ballo di volo attorno quei fiori bellissimi!” – Ma date, ragazzi, questo è facilissimo! Basta pure essere dolce e tutto va da se stesso. I Senzalibrì non sono carini. Nemmeno sono piccoli. Puzzano anche. Sono dei draghi, sono grandi, sono grandissimi, sono colossi, sono brutti, non sono solo maleducati, non sono educati assolutamente di niente: Non hanno mai letto un singolo libro, per cui vengono chiamati Senzalibrì. Ed i suoi fiori sono bruttissimi anche, e puzzano anche. I Senzalibrì puzzano di principi bruciati, perché i draghi mangiano i principi – quei beneducati, profumati, ben vestiti dopo l’ultima moda che cercano di liberare quelle principesse dietro le siepi di rose prigionate in cima delle torre e così via. Non vi voglio annoiare con queste storie di Televecchiela. Comunque, il Fiore dei Senzalibrì è strapotente! Il suo elisir brucia tutto che non è utile fino al resto essenziale, fino alle ossa della cosa! Ma la gente parla male di suoi maestri, degli draghi e degli dragoni per difFAMarli – una cosa che non funziona mai, perché hanno sempre FAMe! hanno persino assegnato ai draghi la costellazione stellare più ridicola che ci stia! :

Dopo che avevano formato tutte le costellazioni stellari, tutti questi grandi grandissimi, Orione, Leone ed i suoi undici sorelle e fratelli zodiaci ed anche Cassiopei, il Croce del Sud, la grande Carrozza e gli altri più o meno conosciuti, ci restò un mucchio di stelle, che stava sparso in tutto il cielo, proprio dallo zenit al nadir. E decederono: vabbè questo resto formi il segno del drago, e dettofatto dal questo momento se lo trova su ogni pianta stellare ed interstellare! È un segno inutilissimo, non serve a nessuna navigazione, no può dare nessuna orientazione neanche occiedentazione. Si può mai vedere tutto il segno intero. Si dovesse navigare dal polare nord al polare sud (o viceversa o versavice, si paragoni anche il quadetto sotto il numero cinque oppure chiamate anche il Vicevisconte Versa se non mi credete!) per aver visto tutte le sue stelle.

Ma a che servono i Fiori dei Senzalibrì? Servono a vedere il bene nel male. Pensateci, non ci dico di più!

XIII Tredicesimo numero delle dodici erbe magiche draghiche:
Le due parole magiche. (In qualche lingua sono anche tre.) “Ma hai detto che fossero dodici numeri delle dodici erbe magiche draghiche!” – Giusto, ho detto questo. Ma non è giusto! 😉 Rileggete il numero dieci! E siccome non c’è il numero nove non è bugiato! 😉 Ma smettiamo coi occhiolini “and let us not talk falsely now”: Il segno del drago contiene tredici stelle e la stella la più brillante e la tredicesima e porta fortuna, porta tutta la fortuna di tutto del mondo galattico, intergalattico ed anche transgalattico. Colla tredicesima erba magica draghica fatevi un tè, fatevelo, godetevelo, ingoiatevelo fino alla fine, fate il “Amo-tè”!

Vabbè, basta così! Non ci sono più altri numeri nemmeno erbe magiche dragiche, e così siamo adesso arrivato alla fine del dodecalogo delle erbe magiche draghiche, che in verità è un tredecalogo, oppure anzi no – anzi sì? – Non si sabbia mai … Ci sono anche in verità tredici mesi in un anno, ma i Romani hanno tolto il tredicesimo per sacrificarlo ai loro imperatori, ma questo è un altro capitolo. Solo una cosa: Non sacrificate mai le due parole magiche (o in altre lingue tre) a un imperatore o a qualsiasi altro scopo. E non accettate scuse come: “Ma siamo sempre separati per un intero giorno tra mezzanotte e le sei la mattina, perché per te il oggi comincia mezzanotte, per me coll’alba.” Fatelo mai, avete capiti?!

Scritto nell’anno 1492 (sì, sì lo so nello stesso anno Antoine de Ville riuscì a scalare il Mont Aiguille nelle Alpi occidentali francesi, comandato dal re di Francia Carlo VIII.) da un dragone classe sudatore: comincia di sudore alle 30°, smette di sudore alle 40°, comincia di bruciare alle 42°. Ma che cazzo fa tra le 40 e 42°?! – congela! Infelicemente si scioglie alle 42° ed ignite …

dS*~
diciannovesimo Agosto (uno dei due menzionati imperatori romani!) nel anno del signore duemila venti, ma finito in un giorno senza venti ed anche senza rondini, sono già spariti, ma rivengono, si sta a sperare, i draghi no, non rivengono più, che gran peccato!

Ju Piter und Sa Turn

In einer Zeit, als das Wünschen noch half, da war einmal ein Himmelskörper namens Ju, Ju Piter, der flog ziellos durch die unendlichen Weiten des weiten Raums, bis er bei Sa vorbeikam. Sa machte gerade seine Turnübungen an seinen Ringen, Turnringübungen, die schwierigste Disziplin beim Turnen, deshalb war er auch überall als Sa Turn bekannt. Ju bremste seinen rasanten Flug und bestaunte Sa, der sich prustend und mit hochrotem Kopf durch seine Ringe wand, bewundert von seinen 62 Monden.

Sa erblickte Ju und fing an zu lachen: „Was hast Du denn da für einen fetten roten Fleck mitten im Gesicht?“ – Ju’s Gesicht wurde auch überall sonst rot vor Scham. „Menno, das ist halt mein roter Fleck, da kann ich doch nix für!“ Man merkte wie gekränkt Ju war, doch Sa ließ nicht ab: „Nänänänänänääää, Ju hat nen roten Fle-heck, Ju hat nen roten Fle-heck!“ – Da schoss das Zentralgestirn des Planetensystems heran „So! Nee!“ – Und unterband die Hänselei. Sa senkte beschämt die Augen und hielt Ju zur Entschuldigung die Hand hin. Das fand Ju Piter so nett, dass er seinen ziellosen Flug durch Raum und Zeit für immer unterbrach und seinen Platz einnahm auf seiner Umlaufbahn neben seinem neuen Freund Sa Turn.

Fitzbalduin V, Teil 3, die königinenliche Sternenflotte

Teil zwei scheint verloren gegangen. Ich weiß nicht wo er ist und weiß auch nicht mehr, worum es darin geht. Ich weiß nur, dass es ihn gibt, gab. Deshalb müssen wir hier mit Teil drei unserer Königschronik weitermachen. Wer auch nicht mehr weiß, was in Teil eins vorkam, möge sich das bitte noch einmal selbst vor Augen führen, oder es sich von seinen Eltern, Freunden, Geschwistern oder auch irgendwelchen Unbekannten vor Ohren führen lassen. Hier gehe ich davon aus, dass Fitzbalduin V als Nachfolger von Fitzbalduin IV und Vorgänger von Fitzbalduin VI hinlänglich bekannt ist. Er ist sehr klein und braucht fünf aufeinander gestapelte Stühle, um auf seinen Thron zu gelangen. Er ist verheiratet mit der und unsterblich verliebt in die bezauberndste Smeraldina I mit der er über sein schier grenzenloses Zinnoberreich herrscht, in dem die Sonne nicht untergeht, der Mond geht auch nicht unter und die Sterne ebensowenig. – Womit wir bereits beim Thema wären: Eines der wichtigsten Handelsgüter des Zinnoberanischen Königreichs waren Sterne. Sterne aller art. Ferne Sterne, nahe Sterne, einzackige, zweizackige, dreizackige, vierzackige, fünfzackige, sechszackige, nackige, schultrige, achtzackige, neunzackige Sterne, Sternschnuppen auch, große Sterne, Riesensterne sogar, Winzlingssterne, bisweilen sogar ganze Galaxien, Spiralgalaxien, Haufengalaxien, Kugelgalaxien, Doppelsterne, Tripelsterne, Sternenschwärme, auch umherstreifende, wilde Rotten von Sternen, die die zinnobrischen Sternenfischer mit ihren Sternenkäschern vom sternenübersäten Sternenhimmel und aus der Milchstraße des Zinnoberreichs fischten. Hier muss angemerkt werden, dass die zinnobrischen Sternenfischer peinlichst genau nach den äußerst strengen intergalaktischen Sternenfischauflagen sternenfischten: Keinem Stern ging je ein Lichtlein aus, und auch keinem brach je ein Zacken heraus. Die Einhaltung der Sternfangquoten wurde penibelst vom Zinnoberst überwacht, „dass ihm auch nicht eines fehlet“! Transportiert wurden die gefischten – beziehungsweise richtiger gesagt: gesternten Sterne in den Booten der Zinnobrischen Handelsmarine, die den Indigofluss auf und ab schipperten als auch den Azurzean kreuzten und querten. Einziges Problem: Die Flotte hatte immer, täglich, dauernd, große Verluste zu verzeichnen, denn sie bestand ausnahmslos aus luftgefüllten – seltener auch äthergefüllten – Gummibooten. Nun vertragen sich Gummiboote nicht sonderlich gut mit Sternzacken. Und da ja keinem Sternchen auch nicht das kleinste Zäckchen herausgebrochen werden durfte, das untersagten die interstellaren Bestimmungen zum Schutz des kosmischen Sternebestandes, war da auch nichts zu machen. So versank also immer mal ein Zinnobrisches Gummimarineboot in den Indigofluten oder Azurwellen. Fitzbalduin V wurde das irgendwann zu viel oder auch zuviel, und er setzte sich zu seiner angebeteten Smeraldina um ihren Rat zu erfragen. Smeraldina legte ihre bleiche, glatte, schöne Stirn in Falten und überlegte aus dem Erkerfenster in den Zinnobrischen nicht-Sonnenuntergang blickend, lang. Nach gefühlt dreiunddreißig Minuten, was zufällig in diesem Fall mit tatsächlichen dreiunddreißig Minuten zusammentraf, öffnete sie ihr perfekt kugelrundes Lippenrund und sprach: „Mein Lieber Fitzbalduin! [Das V ließ sie weg, sie als Smeraldina I durfte das natürlich, allerdings war sie die Einzige im ganzen Zinnoberreich, die dieses Recht innehatte!] mein lieber, lieber Fitz! Mein Augenstern! Mein Morgengedicht! Mein Abendgesicht! Mein Wasserfall! Mein Sagenweb! Mein Vergissmeinnicht! Mein Zinnoberkönig! – Die Sache ist: Unsere königliche Marine braucht Boote, die den spitzen Zacken der Sterne standhalten können! – Nur will ich aber nicht, dass du irgendeinem Baum auch nur das kleinste Hälmchen dafür knickst! Darum müssen wir auf andres sinnen, woraus die Boote sein können!“ – Fitzbalduin V bedachte seine Gemahlin mit einem zärtlichen Blick: „Smeraldina, mein Augentrost! Meine Morgenstund! Mein Goldimmund! Mein Sonnenschein! Mein Edelstein! Meine Zinnoberkönigin! – Du bist so weise und so klug! Ich will die Minister rufen und sie sollen mir raten!“ – Und Fitzbalduin V ließ seinen Herold Rüdiger sein Kabinett zusammenrufen, den Minister für Wasser, die Ministerin für Feuer, den Minister für Erde, die Ministerin für Luft, den Minister für die Zeit und die Ministerin für den Raum als auch den Minister für den Äther.

Fitzbalduin V erklomm behände über die fünf aufeinander gestapelten Stühle seinen Thron, half Seraphina I auf den ihren neben ihm und der Herold Rüdiger ließ die Ministerrunde in den Thronsaal eintreten. Ehrerbietigst warfen sich die Ministerinnen und Minster in den Zinnoberstaub zu Füßen des Königsthrons und erhoben sich erst, als Seraphina Rüdiger das Zeichen dazu gab, die Minister aus dem Staub zu heben und gehörig mit dem Heroldszinnoberstaubwedel abzuwedeln, denn so war es der Brauch im Zinnoberreich seit je her, und das war schon sehr lang her gewesen. Die Ministerialen positionierten sich in gebührendem Abstand von dem Königsthron, also nach zinnobrischem Brauch in 11 Zinnen, was nach heutigem Verständnis etwa 111 Meter sind. Ich vergaß zu erwähnen, dass der Thronsaal der Seraphina und des Fitzbalduin sehr, sehr groß war. Deshalb musste Fitzbalduin auch laut brüllen, als er seinen Beamten seinen Befehl vortrug: „EDLE! DIE KÖNIGINENLICHE STERNENFLOTTE HAT ZU VIELE VERLUSTE ZU VERZEICHNEN! SCHAFFT MIR MONDBARKEN AUS FESTEM MATERIAL, DASS KEINES STERNLEINS ZACKEN MEHR EINES UNSERER BOOTE VERSENKEN KANN!“ Seraphina blickte Fitzbalduin eindringend an und Fitzbalduin ergänzte: „NUN WILL ICH ABER NICHT, DASS IHR IRGENDEINEM BAUM AUCH NUR DAS KLEINSTE HÄRCHEN DAFÜR KNICKT“ – und Seraphina lächelte zufrieden und Fitzbalduin schloss: „NUN, MEINE EDLEN, WAS IST EUER VORSCHLAG?!“ – In großem Entsetzten starrten die Ministerialen einander an, stoben zusammen, steckten die Köpfe zusammen und flüsterten, zischten, raschelten hektisch mit ihren langen, weiten Gewändern und untereinander so lange bis sie zu einem Ergebnis gekommen zu sein schienen. Sie winkten Rüdiger den Herold heran und flüsterten ihm hektisch ins Ohr. Rüdiger nahm die Botschaft der Ministerialen ohne jede Regung entgegen, obwohl das Zischen ihn ganz bestimmt im Gehörgang schmerzte, ganz wie sein Amt es von ihm verlangte. Er verneigte sich vor den Ministerialen, wischte mit seinem Zinnoberwedel ein Z in die Luft, drehte behänd auf dem Absatz und ging festen, klirrenden Schritts zum Königsthron: „Edle Königin, edler König, Eure Ministerialen haben beraten und mir aufgetragen, Euch folgenden Vorschlag zu unterbreiten: Ihr möget ausrufen lassen, dass in Eurem gesamten Reiche leere Konservendosen gesammelt werden, damit man aus diesen feste, segelbewährte Schiffe fertigen könne. Die Dosen sollten bitte leer und sauber bei den Schulzen und Meiern abgegeben werden, die dann zu beauftragen seinen die Sammlungen zu zentralen Sammelplätzen zu bringen von wo sie wiederum nach Zinnobra zu bringen seien auf die Werften, die natürlich zuvor von Gummibootbau auf Blechdosenschiffbau umzurüsten und umzuschulen seien.“ Und Rüdiger schloss seine Rede feierlich, indem er wieder mit seinem Zinnoberwedel ein Z in die Luft wedelte. Fitzbalduin hatte sich während Rüdigers Vortrag die ganze Zeit am Bart gezupft. Nun, nachdem Rüdiger geendigt hatte, wendete er das gekrönte, königliche Haupt und blickte fragend seine Gattin an. Seraphina fing seinen Blick auf, wickelte ihn behutsam ein-, zwei-, dreimal um den Finger, lächelte sanft und milde, richtete ihren Blick auf Rüdiger und begann: „Herold, guter Rüdiger, wir danken Euch! Entbietet unsren ehrenwerten Ministerialen unseren Gruß und unseren Dank! Sie mögen genau so verfahren, wie sie es vorschlagen. Die königlichen Proklamationen mögen bereits morgen überall im Lande öffentlich durch Anschlag und Verkündigung verbreitet werden! – Und bitte, lasst ganz deutlich vermerken, dass die benutzten Dosen auch wirklich sauber und rein abzugeben seien. Doch mögen die Untertanen bitte das gute, heilige Wasser schonen und stattdessen die Dosen mit unserem schönen Zinnoberstaub spülen!“

Und ganz genau so ward auch verfahren! – Binnen kurzem waren aus dem gesamten Zinnoberreich die leeren Dosen haufenweis zusammengetragen. Die Straßen waren gesäumt mit Packeseln und Karren, turmhoch beladen mit dem Blech. Auf den Werften von Zinnobra schepperte und klapperte es Tag und Nacht vom Hämmern der Blechschmiede, die aus dem Ganzen Land und auch aus den Nachbarländern zusammengeströmt waren, um die neue königinenliche Sternenflotte zu bauen. Nach anderthalb Monaten schon war es soweit und die ersten Sternensegler konnten vom Stapel laufen. Nach weiteren anderthalb Monaten segelte eine Flotte von 144 prächtigen Blechschiffen über den Indigofluss und den Azurzean. Nur ein einziges Boot sank noch einmal, man führte es auf eine ungesäuberte Dose zurück. Doch alle andren 143 Boote fahren nun seither stolz und unsinkbar unterm Zinnobrischen Drachenbanner mit dem roten Stern der Seraphina und fischen, nein sternen die Stern allenthalben.

Smaragd und Rubin

In einer Zeit, als das Wünschen noch half, war es einmal so wie es war, und das war so: In seinem zinnoberroten Königreich, das sich mühelos streckte vom Morgenkarmesin bis zum Abendpurpur, lebte als Nachfolger des Königs Fitzbalduin des Vierten der König Fitzbalduin der Fünfte und möglicherweise Vorgänger des Königs Fitzbalduin des Sechsten. Doch ob es diesen Sechsten Fitz geben würde, ob sich das große Geschlecht der Zinnoberkönige erhalten würde, das wird sich erst in diesem Märchen erweisen. Und es steht auf Messers Schneide, ob das geschehen wird, es ist noch längst nicht ausgemacht, auch wenn das alles schon längt vergangen ist und alle Wünsche bereits ausgewünscht sind.

Fitzbalduin V. war deutlich kleiner gewachsen als sein Vorgänger Fitzbalduin IV. Das lag womöglich entweder daran, dass Fitzbalduin V. unterdurchschnittlich klein war oder Fitzbalduin IV. überdurchschnittlich groß gewesen war. Doch aus der Ferne der Zeit lässt sich das nicht mehr sagen, kein Schnitt lässt sich mehr schneiden, sei’s längs oder quer, der uns sagte, wie es gewesen sei, und es ist uns auch kein Wort darüber überliefert wie es nun wirklich war. Was allerdings gewiss ist, ist, dass der Thron, der Fitzbalduin V. von seinem Vorgänger vererbt worden war, ihm deutlich zu groß war, und so musste er jeden Morgen, bevor er seinen Thron zur Ausübung seiner Regierungsgeschäfte besteigen konnte, einen Hocker auf einen Schemel stellen und auf den Hocker einen Stuhl, um über diese drei aufeinandergetürmten Möbel hinauf zu seinem Thron steigen zu können. Es war immer eine sehr wackelige Angelegenheit auf diese Weise den Thron zu besteigen, und wenn er oben angekommen war, war er bereits so erschöpft, dass er am liebsten ein Nickerchen gemacht hätte, um sich zu erholen. Doch in einem Thron macht man nun einmal keine Nickerchen, das duldet die Würde des Thrones nicht, keiner seiner Vorgänger hat je im Thron des Zinnoberreichs andres getan als gethront! – Und so riss Fitzbalduin V. sich zusammen und die Augen auf, um seine Regierungsgeschäfte zu versehen, langte nach seiner Krone, die mit einem höchstkarätigen, funkelnden, allerreinsten Rubin, so groß wie eine Erdbeere, geziert war, und setzte sie sich aufs königliche Haupt.

Es wurde ihm ein Fischer vorgeführt, der um Audienz beim König gebeten hatte. Der Fischer war nicht reich und nicht arm, er zog mit seiner Angel wohl jeden Tag aus dem königlichen Teich einen oder auch zwei goldschuppige Karpfen heraus und hatte so sein Auskommen. Es ging ihm gut, es könnte ihm besser gehen, es müsste aber nicht. Dennoch hatte er um Audienz beim König gebeten und so war er irgendwann auch einmal dran und wurde vor den König gerufen. Doch als er dort stand, und Fitzbalduin V. dort hoch oben auf seinem Thron angestrengt die Augen aufsperrte (und mit den Füßen baumelte, was dieser aber nicht merkte), da fiel dem Fischer nichts ein, was er sagen könnte. Die Stummheit des Fischers machte Fitzbalduin V. sehr wütend, brachte ihn auf, und sein Gesicht wurde puterrot. Fitzbalduin V. – was sonst nicht seine Art war – brüllte laut durch die goldene Halle, man solle ihm diesen Fischer aus den Augen schaffen, und er ließ seine Minister und den Kanzler und den Leibsekretär rufen und diktierte sofort einen königlichen Erlass, dass es fürderhin zu unterlassen sei, ohne Anlass um Audienz beim König zu ersuchen und so dessen Regierungszeit mit Nichtigkeiten zu verringern. In das heiße karminrote Siegelwachs auf dem Erlass drückte Fitzbalduin V. seinen goldenen Siegelring und hinterließ auf ewig dort sein Wappenzeichen, einen geflügelten Löwen.

Ermüdet nun vom Erlassen stieg Fitzbalduin V. an diesem Tag früher vom Thron über den Stuhl auf den Hocker, auf den Schemel, auf den ziegelrot achteckig gekachelten Boden – die Fugen waren aus purem Gold! – und ließ sich in sein Schlafgemach, das ganz in Bordeaux gehalten war, geleiten. In jener Nacht hatte Fitzbalduin V. einen Traum: Ihm träumte, er sollte die Prinzessin Smeraldina heiraten, die Tochter des Königs Ludewig, des Herrschers des Shamrockreichs, das sich mühelos streckte von den Jadebergen bis hin zu den undurchdringlichen Mintwäldern. Es wäre doch eine gute Idee die Verbindung der beiden nachbarschaftlichen Königreiche durch eine Hochzeit zu vertiefen und zu festigen, so hatte es geheißen. Seine Minister, der Kanzler und auch sein Leibsekretär rieten ihm dazu, und so ließ er sich darauf ein. Doch in der Hochzeitsnacht, in der der Thronfolger für das herrliche Zinnoberreich gezeugt werden sollte, denn die Dynastie der Zinnoberkönige musste fortbestehen, erkannte Fitzbalduin, nachdem er den Schleier seiner Gattin zum ersten Mal gelüftet hatte, zu seinem Entsetzen wie anders Smeraldina war. Sie war so abgrundtief anders. So völlig anders war sie, so absolut und entsetzlich anders. Sie war so ganz anders als er selbst. Aber auch anders als alles andere, was er kannte. Auch anders als alles, was er sich je vorgestellt hatte. Sie war auch anders als alles, was er sich je gewünscht hatte und auch ganz anders, als er sich vorstellen konnte, dass er sich etwas oder jemanden hätte vorstellen können. Ihre Andersartigkeit befremdete ihn in solch immensem Ausmaß, dass es kein Maß gab, dieses Ausmaß zu benennen. Smeraldinas Andersartigkeit versetzte ihn in Schrecken, in Staunen, in Starre, in Abwehr, in völlige Verständnislosigkeit. Diese Andersartigkeit raubte ihm dem Atem, sie ließ ihn taumeln, sie ließ ihn schwanken, sie ließ ihn alle Orientierung verlieren. An dem, was Fitzbalduin an Smeraldina entdeckte, war nichts, überhaupt nichts, was er gewohnt war. Diese Begegnung im Traum mit einer Smeraldina, die nichts, überhaupt gar nichts glich, was er kannte, befremdete ihn in tiefster, stärkster und erschreckendster Weise und riss etwas in ihm auf, was sich nicht mehr schloss.

Fitzbalduin erwachte schweißgebadet im Morgenrot, das bereits seine Korallen durch die Fenster über die Wände hatte wachsen lassen. König Fitzbalduin V. war krank, Fieber schüttelte ihn, er fühlte sich schwach, sein Puls hüpfte nicht mehr wie ein Frosch wie sonst, er schlängelte sich nur noch flach durch seine Adern. Doch es half nichts, Fitzbalduin V. musste seine Regierungsgeschäfte versehen, schließlich war er der einzige König in seinem Königreich, und das ist ja auch der Sinn des Königtums, dass es nur einen gebe. Also bestieg er seinen Thron auch an diesem Tag, stieg auf den Schemel, von dort aus auf den Hocker, von da auf den Stuhl und von dort hievte er sich mit letzter Kraft in seinen Thron in dem er erschöpft zusammensackte. Sein Leibsekretär kam angelaufen mit einem Brief der, wie er meinte, nicht duldete, dass man noch zuwarte, bis er verlesen werde:

„Ihro durchlauchtigste Durchlauchtigkeit! Lieber zinnoberroter König Fitzbalduin V., guter Nachbar, ich bin’s, dein Nachbar König Ludewig vom Shamrockreich, ich entbiete Dir die allergrünsten Grüße, mein Freund!“ – Ein Brief von Ludewig! – DEM Ludewig, dem Vater der Smeraldina! – sofort standen Fitzbalduin wieder die Schweißperlen auf der Stirn! – „Mein lieber Fitzbalduin, mithininglichst will ich mich anerbieten Dir die Hand meiner allerzartesten Tochter Smeraldina anzudienen! – Wäre es nicht eine gute Idee und von großem Vorteil für unser beider herrlichste Reiche durch einen ehelichen Bund unserer königlichen Häuser auch die freundschaftliche und friedliche Verbindung unserer beider Reiche und Länder zu vertiefen und zu befestigen? – Lieber Fitz, wenn ich Dich mal so ganz freundschaftlich nennen darf, willst Du nicht meine Smeraldina heiraten, und alles wird gut und noch besser als es jetzt schon ist? – Überleg’ es Dir, aber denk nicht zu lange nach! Ich hoffe auf Deine positive Antwort, mach’s vorzüglichst grün! – Dein Ludewig“ – und im malachitfarbenen Siegelwachs des Briefes prangte das erstarrte Wappen der Herrscher von Shamrock: Ein vierblättriges Kleeblatt.

Entsetzen stand in das erstarrte Gesicht von Fitzbalduin V. geschrieben. Kalter Schweiß stand ihm auf der Stirn. Er war leichenblass, alle königliche Rosigkeit, jedes erhabene Carnat, war ihm aus dem Antlitz gewichen. Er fand vom Thron aus mit dem Fuß noch Halt auf dem Stuhl, von dort aus tasteten seine Zehen unsicher nach dem Hocker, zittrig gab er diesem sein Gewicht, zuletzt war noch der Schemel zu überwinden, bevor er sich auf die goldgefugten, ziegelroten, achteckigen Kacheln gleiten ließ, und sein Purpurmantel breitete sich wie vergossenes Blut über den Boden. Ein Schütteln und Schluchzen überkam ihn, und der Leibsekretär musste alle weiteren Regierungsgeschäfte für diesen Tag absagen. Der Zinnoberkönig wurde in sein Bordeaux-Gemach geleitet, wo er sich in seine samtenen Laken und Kissen verkroch. Für Tage, für Wochen wollte er sein Gemach nicht mehr verlassen, er blieb krank und wurde an Gestalt noch weniger und kleiner im Vergleich zu seinem großen Vorgänger dem vierten seines Namens. Doch die Würde seines Amtes duldete es nicht, dass er noch länger von seinen Regierungsgeschäften fernblieb. Seine Minister und der Kanzler und auch der Leibsekretär bedrängten ihn, dass er dem König Ludewig eine Antwort schuldig sei, und dass es dringendst erforderlich sei, diesem jene zu geben. Und es solle tunlichst eine positive Antwort sein, sei es doch eine gute Idee, dass sich die beiden Reiche auf diese Weise miteinander verbänden. Fitzbalduin hatte dieses Argument nun schon so viele Male gehört, hatte es für sich nun schon so viele Male bedacht, dass er es müde war, noch weitere Male darüber nachzusinnen. Er hatte sich bereits den Kopf zerbrochen, nicht nur den Kopf, auch das blutende Herz und alles war zerbrochen in ihm. Er hatte sich so sehr gewünscht, dass es nicht so sein müsste, dass er nicht er selbst sei, sondern ein ganz Anderer und es ihn gar nichts anginge. Er hatte sich so sehr gewünscht, dass er nicht der Fünfte sei, der sich der Pflicht beugen müsste, die ihm seine Ahnen, die vorangegangenen wie die folgenden, aufbürdeten. Er hatte sich so sehr gewünscht, dass die Gesetze der Logik nicht gälten und auch nicht die der Freundschaft, sodass er sich keinem Argument beugen müsste. So sehr hatte sein Herz gewünscht und sich ausgeweint, und sein Herz hatte die Tränen in den vergangenen Wochen so unzählbar zahlreich aus seinen Augen gepumpt, dass seine melassebraunen, sonnenwarmen Augen so ausgewaschen worden waren, dass ihr rubinroter Hintergrund zum Vorschein kam und sie wie heiße Glut zu leuchten begannen. Doch alles Wünschen half nichts, es veränderte nichts. Das Wünschen, alle Wünsche hatte er vergeblich ausgewünscht, und so verzagte er und ließ er sich ein auf das Geschäft, gab sich den guten Gründen und Argumenten hin und willigte ein in die Hochzeit.

Das zur Hochzeitsfeier angereiste Gefolge des Königs Ludewig war eintausendvierhundertfünfunddreißig Menschen groß, so groß, dass sie gar nicht alle im Palais Rosé der Könige von Zinnober untergebracht werden konnten. Und so wurden im Burgundergarten, in dem die Rosen vielschattig blühten, Zelte aufgebaut, auf denen die smaragdenen Wimpel des Hauses Shamrock lustig flatterten. Die Hochzeitsfeierlichkeiten dauerten fünf Tage und fünf Nächte, und die ganze Stadt war eingeladen mitzufeiern. In den Straßen watete man knöcheltief durch grün-rotes Konfetti. Burgunder, Bordeaux und Weinmeinsterschorle flossen in Strömen. Die Kinder durften Captain Bubble und Erdbeersaft trinken so viel und so spät sie wollten, und man war schon ganz taub von den ständigen Feuerwerken die zinnoberne und smaragdene Funken und Sterne in den Himmel pulverten.

Am Abend des fünften Tages war es nun soweit, dass die Hochzeitsnacht folgen sollte, schließlich musste für den Fortbestand der Dynastie der Zinnoberkönige gesorgt sein. Und so fand sich Fitzbalduin schließlich zusammen mit Smeraldina allein im Bordeauxgemach. Die aufgestellten Rosen aus dem Burgundergarten dufteten süß und mild und schmeichelnd, und warfen die weichsten Schatten, und das Samt der Laken und Bezüge gab matten, weichen, warmen Purpurschimmer. Fitzbalduin fröstelte es fürchterlich. Wieder stand ihm der kalte Schweiß auf der Stirn. Kalt war ihm bis in die Fingerspritzen, bis in die Zehen, bis hinab ins blutende Herz. Er schritt gehemmt auf die verschleierte Gestalt der Smeraldina zu, die hochgewachsen, in veronesergrüne Seide gehüllt, vor ihm stand. Als er sich ihr näherte und seine Hände nach ihr sehr, sehr zögerlich ausstreckte, zitterten diese, sein Atem stockte, und er spürte an der Gestalt ihm gegenüber ein ebensolches Zittern und Beben. Fitzbalduin schloss die Augen und mit den Fingerspitzen griff er den Saum des Gesichtsschleiers der Frau vor ihm. Langsam, ganz langsam lüftete er das Velum und legte es ihr sanft auf den Scheitel. Langsam, von unendlicher Langsamkeit, in microst aufgelöstester Zeitlupigkeit öffnete Fitzbalduin die Augenlider und sah in das Augenpaar ihm gegenüber. Es war von perfektestem Smaragd. Noch nie, wahrlich noch nie hatte er solche Augen gesehen. Sie waren warm wie sonnenbeschienenes Moos im Hochsommer, sie waren tief wie ein Bergsee. Ihr Grün changierte von dunkelstem Jadeoliv bis hin zu hellstem Mittelmeertürkis. Es war der wärmste, der tiefste, der wahrste Blick, der ihn je getroffen hatte. Nein, er war nicht getroffen, er war eingenommen von diesem Blick, er war umgeben von diesem Blick, dieser grüne, vieltönig schillernde Farbregen umwallte ihn, er nahm ihn warm auf, er hob ihn auf, er bedachte ihn sanft und gut und warm und – voll der Liebe.

Und nun kann ich es sagen, die Geschichte hat die Prüfung bestanden, auch wenn alles in schon längst vergangener Vergangenheit geschehen ist und schon längst beschieden und beschlossen: Die Dynastie der glorreichen Zinnoberkönige hatte Fortbestand. In dieser Nacht fand Fitzbalduin der Sechste unbeschadet und bestbeleuchtet seinen Weg vorbei an den Planeten zu uns auf diese Welt und sein erstes warmes Heim im Purpurpalast des Schoßes der Smeraldina. Und es folgten weitere Fitzes und weitere Smeraldas, Smeraldinas, Esmeraldas, Smaragdinas. – Und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie fürderhin noch heute zinnoberfroh und kleeglücklich.

Des Kaisers alte Kleider

Was macht der Kaiser eigentlich mit seinen abgelegten Kleidern? – Wenn sie vom vielen Regieren und Repräsentieren vor lauter Ruhm und Ehre, Glanz und Glorie ganz zerschlissen sind? Kommen sie in die Altkleidersammlung? Oder werden sie von den Prinzen aufgetragen? Oder vom Hofnarren? Nun ja, das geht natürlich nicht. Auch wenn so ein mit Hermelin besetzter Umhang schon ganz fadenscheinig ist, ist er immer noch des Kaisers Kleid. Allein der Kaiser darf des Kaisers Kleider tragen. Natürlich geht es auch nicht des Kaisers Kleider – seien sie auch noch so alt – auf den Markt zu tragen und sie dort zum Verkauf anzubieten. Bestimmt würde man einen schönen goldenen Batzen geboten bekommen für solch ein abgelegtes Kaiserkleid. Aber es ist verboten, dass andere ein Kaiserkleid tragen als allein der Kaiser selbst. Unter Strafe, unter schwerer Strafe ist es verboten.

Oder habt ihr schon mal in der Zeitung oder im Internet oder am Aushang im Supermarkt eine Anzeige gesehen: „Des Kaisers alte Kleider günstig abzugeben. Kaum getragen! Neuwertig!“? Gut, wenn der Kaiser noch ein Baby und noch ungekrönt ist und noch gar nicht auf dem Thron sitzt, dann mag das angehen. Wenn nur eine kleine Krone in seinen Strampler gestickt ist, damit man ihn als Kaiserlichen erkennt, dann kann es schon vorkommen, dass diesen Strampler auch ein anderer Matz angezogen bekommt. Aber später geht das nicht mehr. Alle abgelegten Gewänder des Kaisers werden aufgehoben. Sie werden gestapelt für immer in den Kellern des kaiserlichen Palastes. Und wenn diese Keller nicht ausreichen, dann kommen sie in den Keller eines anderen Palastes – und immer so fort. So kommt es, dass die Keller der Paläste, Schlösser und sogar Burgen vollgestopft sind mit den alten Kleidern von Generationen von Kaisern. Keiner darf sie mehr verwenden. Dort dienen sie den Motten zur Speise und Mäuse bauen sich ihre Nester darin.

Ein einziges Mal ist es jedoch passiert, dass so ein Kleid in die Hände eines anderen Menschen gelangte, und das kam so: Es ist schon lange, sehr lange her, dass noch in der Zeit, als die Kaiser Roms über fast ganz Europa herrschten, ein griechischer Diener namens Lauris den Auftrag hatte ein solches abgelegtes Kleid in den Keller zu bringen. Teilnahmslos schlurfte er mit dem Gewand auf dem Arm die Stufen in den kühlen und feuchten Keller hinab, den Schlüssel für die Kleiderkammer am Gürtel. Unten angekommen öffnete er die Tür der Kammer. Darin lagen die Kleider seines Kaisers und die der Kaiser davor. Die untersten hatte bestimmt noch der große Cäsar getragen. Lauris war – wie alle Griechen – sehr gebildet. Er kannte alle Namen der Kaiser, von Cäsar an bis zu seinem eigenen Kaiser. Seinen eigenen Kaiser mochte er nicht besonders. Dieser residierte herrlich auf dem Palatin, umgeben von wundervollen Gärten. Der Kaiser war aber so ungeschlacht, so grob, dass er keine einzige Blume in seinen Gärten beim Namen nennen konnte. Lauris hingegen kannte alle Namen aller Blumen, alle Namen aller Bäume in den Gärten. Er liebte die Blumen und Bäume dort sehr.

Lauris hielt das Gewand des Kaisers in den Händen. Es war ein purpurner Umhang, wie ihn nur die Adeligen tragen dürfen. Mit Goldfäden war an den Saum des Umhangs ein Lorbeer-Ornament gestickt. Der Stoff war so weich, so tiefrot, so samten wie die Blütenblätter der Rosen in des Kaisers Garten. Sanft strich Lauris mit der Hand über den schönen Stoff. – „Und so ein schönes Kleid soll nun im Keller verrotten?“ dachte Lauris bei sich. „Es muss bestimmt ein erhebendes Gefühl sein, einen solchen Mantel zu tragen“ – dachte er weiter. „Der Kaiser sieht in seiner Unterwäsche aus wie ein gewöhnlicher Bauer. Aber wenn er seine kaiserlichen Gewänder trägt, dann gesellen sich ihm Glanz und Würde bei.“ Lauris wusste, dass es bei Strafe verboten war, in die kaiserlichen Kleider zu schlüpfen. Schon oft hatte es ihn gereizt, es einmal auszuprobieren, wenn er dem Kaiser beim Ankleiden half. Es erstaunte ihn immer wieder, wenn er die Verwandlung beobachtete, die mit dem Kaiser vor sich ging. Mit jedem Stück mehr, das dieser sich überzog, wandelte er sich von einem groben Einfaltspinsel zu einem stattlichen Herrscher. „Wie das wohl vonstatten geht mit dieser Verwandlung? Ob er selbst sich auch so verwandeln könnte?“ dachte Lauris bei sich. Ihn, Lauris, beachtete nie jemand. Doch vor dem Kaiser verneigte sich jeder. Wenn man den Kaiser in Lauris’ grober Kleidung durch die Gänge des Palastes geschickt hätte, keiner hätte ihm auch nur die geringste Aufmerksamkeit geschenkt.

Lauris sah sich vorsichtig um, schaute, ob niemand zugegen sei, atmete tief durch und legte sich dann vorsichtig den Purpurumhang um. Er fühlte in sich hinein. Lauris hatte erwartet, dass ein erhebendes Gefühl ihn durchströmen würde, dass er etwas von dem spüren würde, was er am Kaiser sah, wenn dieser sich ankleiden ließ und wenn es geschah, dass der Kaiser sich vom ungehobelten Grobian in eine würdevolle Person verwandelte. Aber es geschah nichts. Lauris spürte nichts. Er fühlte sich wie immer.

Da hörte er plötzlich ein Rascheln hinter sich. Erschrocken drehte er sich mit einem Ruck um. Dort stand Marius. Ausgerechnet Marius – und grinste breit und verschlagen.

„Na Lauris, schmückst du dich mit des Kaisers Kleidern? – Möchtest Du auch gern Kaiser sein? – Wie wird es der Kaiser wohl finden, wenn er hiervon erfährt?“ Seine Augen funkelten bösartig.

Marius wollte Lauris immer übel. Er war neidisch auf den schönen Lauris, der lesen konnte und sich auf die feinen Künste verstand. Er selbst, Marius, war ein großer Kerl, der sich gerne prügelte und am Abend mit den anderen Dienern Würfel spielte, während Lauris allein in einer Ecke saß und ein altes Pergament las – immer wieder, denn es war das einzige, das er besaß. Darauf war der Teil eines Gedichts geschrieben, das von der Verwandlung der Nymphe Daphne in einen Lorbeerbaum handelte. Lauris liebte dieses Gedicht. Er kannte es auswendig, aber trotzdem hielt er das Pergament, wenn er es las. Es war der Beweis, dass das Gedicht auch außerhalb seiner selbst existierte. Es bewies, dass die Schönheit Wirklichkeit ist. Lauris saß stets abseits und versenkte sich in den Fluss, den Rhythmus des Gedichts.  Er wurde von den anderen gern als Sonderling verhöhnt, weil er ihre dummen groben Spiele nicht mitmachen wollte.

Lauris hatte schreckliche Angst, dass Marius ihn nur verraten würde. Die Strafen des Kaisers waren schlimm. „Bitte Marius, verrate mich nicht“, flehte er. Doch Marius schrie bereits in die hallenden Kellergänge hinein: „Wache! Wache! Lauris maßt sich die Würde des Kaisers an!“ Und schon kamen die Wachsoldaten des Kaisers herbeigeeilt, packten Lauris grob, schleiften ihn die Treppen hinauf, zerrten ihn hinaus ans Tageslicht und warfen ihn direkt vor des Kaisers Füße auf den Boden.

Der Kaiser musterte Lauris, der zitternd mit gesenktem Haupt auf seinen aufgeschlagenen Knien im Staub hockte. Der alte Kaiserumhang war nun mit dem Staub des Bodens beschmutzt. Sein Purpur strahlte nun nicht mehr so herrlich, der goldbestickte Lorbeersaum hing in den Dreck. Der Kaiser mochte Lauris nicht. Diese feinen Gesichtszüge, das lange, ovale, blass-olivene Gesicht,  seine gewählt gesetzte, bedachtsam ruhige Sprache, seine so unsoldatische Haltung, sein zarter Körperbau widerten ihn an. Lauris war ihm nicht geheuer. Der Kaiser wusste, dass Lauris viel klüger, viel gebildeter war als er selbst. Doch er war der Kaiser, es durfte niemanden geben, der besser war als er. Dass Lauris nun bei einem Verbrechen erwischt worden war – denn sich die Würde des Kaisers anzumaßen ist ein Verbrechen! – kam dem nur Kaiser gelegen. Der Kaiser blickte auf den vor ihm im Staub knienden Lauris hinab und sprach: „Nun Lauris, wolltest du sein wie ich? Willst du der Kaiser sein anstatt meiner!? Willst du dir meine Würde anmaßen!?“ – „Weißt du denn nicht, dass es hierzu nicht reicht, nur meine Kleider zu tragen? Weißt du nicht, dass du zum Kaiser geboren sein musst, um Kaiser sein zu können? – Hat man dir nicht erklärt, dass man sich das Kaisertum nicht einfach überstreifen kann?“ Der Kaiser erhob seine Stimme, sprach nicht mehr nur zu Lauris sondern in die Runde seines Hofstaats, der dabeistand. Laut ließ er seine Stimme donnern: „Weißt du denn nicht –  du eingebildeter Grieche – dass man Kaiser sein muss um Kaiser sein zu können?“ – „Ich bin der Kaiser, du bist ein Wicht. Ein Betrüger bist du, und das sollst du büßen!“ Lauris senkte das Haupt noch tiefer. Seine Hände krallten sich in den Staub. Tränen schossen ihm in die Augen. Vor Angst, vor Zorn. Er wusste genau, dass es nicht so war wie der Kaiser behauptete. Der Kaiser war der Wicht. Er konnte es doch jeden Morgen selbst sehen. Es war doch nur Zufall, dass der Kaiser in die Familie der Kaiser als erster Sohn geboren worden war und deshalb, als er die Volljährigkeit erreicht hatte, zum Kaiser gekrönt wurde. Da konnte der Kaiser dumm sein wie Stroh. Aber Lauris inneres Aufbegehren half ihm nichts. Der Kaiser hatte die Macht. Er sprach: „Lauris, du wolltest dich über deinen höchsten Herrscher, mich, erheben. Dein Hochmut wird dir jetzt zum Fallstrick werden. Ich lasse dich ins dunkelste Kerkerloch werfen, für dein Leben lang. Du wirst nichts Schönes mehr sehen, keinen Sonnenstrahl mehr, damit du es lernst: Du bist nur das was du bist durch mich deinen Herrscher. Ich machte dich zu meinem Diener, jetzt bist du mein Gefangener. – Wache! Werft ihn in den Kerker!“

Die harte Stimme des Kaisers gellte schrill durch die Hallen des Palastes. Sie dröhnte bis in den Garten hinaus. Alle Blumen, die das hörten senkten betrübt die Köpfchen. Die Bäume ließen die Zweige sinken. Eine schwere, graue Wolke schob sich vor die Sonne und legte alles in trübes Dunkel. Lauris wurde abgeführt. Die Leute an der Straße lachten über ihn, drängten sich um ihn, bespuckten ihn. Immer noch trug er den alten Kaisermantel, den er sich im Keller umgelegt hatte. Die Leute huldigten ihm zum Spotte: „Preiset  den Kaiser der Betrüger! Der Kaiser der Betrüger! Preiset ihn, den großen Lauris! Den Herrn der Frevler!“ Lauris wurde durch ein Spalier von grölenden Menschen den Palatin hinabgeführt zur Via Appia hin, seiner Kerkerhaft entgegen. Er spürte nichts mehr. Er war innerlich taub geworden. Nicht hatte er sich eine kaiserliche Würde anmaßen wollen. Nicht hatte er sein wollen wie der Kaiser. – So doch nicht! Wer kann so sein wollen wie dieser dumme, grausame Mensch! – Er hatte doch nur den Zauber der Verwandlung verstehen wollen: vom normalen Menschen zum Kaiser. Er hatte geglaubt, es läge an den Kleidern des Kaisers und hatte erkannt dass es an ihnen nicht lag. Wurde er deshalb so hart bestraft, weil er das entdeckt hatte? Keiner sollte wissen, dass des Kaisers Kleider nur zum Schein den Kaiser machen?

Um sich zu schützen, um Hilfe zu finden, um vor allem die Augen verschließen zu können, um den Schmerz nicht spüren zu müssen, um die Angst zu vergessen, um sich nicht zu verlieren, um Halt zu finden, sprach er immer wieder die Worte seines geliebten Gedichtes über die Nymphe Daphne vor sich hin. Es war sein  Trost, sein einziger.

Auf einmal merkte Lauris, wie sein Gang immer schwerer wurde. Seine Füße schienen am Boden festgewachsen zu sein, er konnte sie nicht mehr heben. Seine Beine wurden steif. Er blickte an sich hinab. Dort wo zuvor seine Füße waren, streckten sich bereits Baumwurzeln aus, die in den Boden drangen. Entsetzen erfüllte Lauris. Die ihn umgebende Menge verstummte vor Staunen und Furcht. Einige flohen, andere konnten den Blick nicht wenden von dem Schauspiel, das sich ihnen darbot. Lauris’ Arme verwandelten sich in Äste, seine Finger, sein Haar wurde zu Zweigen und reckten sich in den Himmel. Angst wuchs in Lauris’ stockendem Herz. Aus seinen Fingern sprossen grüne, längliche Blätter, geformt wie Speerspitzen. Da erkannte Lauris zu was er wurde, sein Herz öffnete sich, Blut wurde zu lebendigem Saft, der sich in den Stamm ergoss zu dem Lauris’ Leib geworden war. Die Angst wich dem Entzücken. Und dort wo die Rinde das Gesicht Lauris bereits bedeckte, blieb noch die Spur eines Lächelns im Stamm.

Heute noch steht auf halbem Weg vom Palatin hinab zum Forum Romanum ein Lorbeerbaum, schon viele hundert Jahre lang. Man glaubt in der Rinde des alten Stammes ein Lächeln zu sehen. Und kein Mensch wagte bisher die Axt an diesen Lorbeer zu legen. Er steht so ruhig, so schön, so strahlend im Sonnenlicht da, dass jeder, der an ihm vorbei geht, nicht anders kann, als sein Haupt zu neigen vor seiner edlen Majestät.